Hat der Erblasser eine ausländische Staatsangehörigkeit, dann war nach dem bis 2015 geltenden Recht das Erbrecht des Heimatsstaates maßgeblich dafür, welche Erbrechtsregeln gelten, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, d.h. wer welche Quote erbt oder auch ob die deutschen Pflichtteilsvorschriften zur Anwendung kommen. Oft kam es dann zu einer Nachlass-Spaltung in der Weise, dass je nach Belegenheit des Nachlasses unterschiedliche Rechtsvorschriften galten, was einen Erbfall überaus komplizieren konnte.
Seit dem 17. 8. 2015 ist für den Bereich der EU durch die EU-Erbrechtsverordnung eine Änderung eingetreten: Nunmehr gilt EU-weit das Wohnsitzprinzip. Hatte der Erblasser beim Erbfall seinen Wohnsitz im Bereich der Europäischen Union (Ausnahmen geltend für Irland und Dänemark), dann ist grundsätzlich das Erbrecht des Wohnsitzstaates maßgeblich, wenn der Erblasser keine Rechtswahl getroffen hat, unabhängig von der Staatsangehörigkeit.
Jedoch schafft die EU-Verordnung auch neue Probleme. Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit war einigermaßen eindeutig. Nunmehr stellt sich die Frage, wie der gewöhnliche Aufenthalt genau zu definieren ist, wenn der Erblasser Wohnsitze in mehreren Ländern hatte. Um den gewöhnlichen Aufenthalt festzustellen, muss eine Beurteilung aller Lebensumstände des Erblassers erfolgen. Wie oft und wie häufig hielt er sich wo auf? Welche Bindungen familiärer und sozialer Art gibt es? Als Indiz können auch Staatsangehörigkeit und Vermögensgegenstände herangezogen werden, ebenso der Arbeitsplatz und Kenntnisse der Landessprache. Ergibt sich danach, dass der gewöhnliche Aufenthalt in Mallorca liegt, so gilt für den deutschen Rentner plötzlich spanisches Erbrecht, und dies nicht nur für die Finca in Spanien, sondern auch für die Immobilie in Deutschland. Das bedeutet dann, dass, wenn kein Testament errichtet wurde, die Ehefrau statt wie im deutschen Recht zu 1/2 nur 1/3 erhält, und diesbezüglich auch nur einen Nießbrauch. Sind Kinder vorhanden, so sind 2/3 des Nachlasses der Verfügungsmacht entzogen.
Eine so genannte Nachlasspaltung, d. h. dass ein Teil des Nachlasses nach deutschem Recht und ein anderer Teil nach ausländischem Recht behandelt wird, wird es auch weiterhin für den Fall geben, dass der Erblasser z. B. Immobilien im Nicht-EU-Ausland oder in Dänemark oder Irland hat oder der Erblasser testamentarisch bestimmt hat, dass auf seinen Erbfall sein Heimatrecht zur Anwendung kommen solle.
Ziel einer Nachfolgeplanung im internationalen Erbrecht muss es sein, eine Regelung zu finden, die trotz der Unterschiede zum ausländischen Erbrecht sowohl in Deutschland als auch in dem betreffenden fremden Land rechtswirksam ist und eine möglichst reibungslose Nachlassabwicklung nicht nur in Deutschland, sondern gerade auch in dem betreffenden fremden Land ermöglicht.
Für jeden in Deutschland Ansässigen mit Vermögen in Ausland ist eine solche erbrechtliche und erbschaftssteuerrechtliche Nachfolgeplanung aus unserer Sicht ein Muss! Denn ist erst einmal der Erbfall eingetreten, führen die unterschiedlichen Rechtsordnungen, die zur Anwendung kommen können, oft zu unerwünschten Ergebnissen, die man bei rechtzeitiger Nachlassspaltung hätte vermeiden können. Die Planung einer Vermögensnachfolge mit Auslandsbezug ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Auslandsbezug liegt schon dann vor, wenn man als Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland eine Immobilie, ein Konto, ein Depot oder eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Ausland hat. Häufig reicht das schon aus, dass zumindest dieser im Ausland befindliche Teil des Nachlasses nach ausländischem Recht beurteilt und besteuert wird. Schon deshalb ist die gesetzliche Erbfolge des BGB zur Regelung der internationalen Vermögensnachfolge gänzlich ungeeignet. Hier hilft nur ein Testament weiter, welches zusätzlich den Anforderungen des betreffenden ausländischen Rechts genügt.
Dabei muss man aber auf vieles achten: Viele Staaten erkennen die in Deutschland verbreiteten Ehegattentestamente (wie zum Beispiel das so genannte Berliner Testament) oder auch Erbverträge in ihrem Heimatrecht nicht oder nur eingeschränkt an. Das Heimatrecht ist zwar nicht maßgeblich, jedoch sollte man darauf Rücksicht nehmen.
Damit das Testament nicht nur in Deutschland, sondern auch in dem betreffenden fremden Land anerkannt und beachtet wird, wählt man am besten die notarielle Beurkundung.
Ändern sich die persönlichen, wirtschaftlichen oder steuerlichen Rahmenbedingungen besteht immer Änderungsbedarf! Testamente mit Auslandsbezug haben eine sehr kurze „Verfallzeit“, weil es ja auch in dem fremden Land zu Änderungen kommen kann.
Zur Abwicklung von Nachlässen mit Auslandsbezug empfehlen wir die rechtzeitige Erteilung von Vollmachten. Die in Deutschland gebräuchlichen Vorsorgevollmachten, die die über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirksam sein sollen, werden in manchen Staaten nicht anerkannt. Hier helfen nur Spezialvollmachten weiter. Die Vollmacht, die am besten notariell beurkundet ist, sollte gegebenenfalls mehrsprachig errichtet und die Übersetzung öffentlich beglaubigt sein.
Auch sehr wichtig ist die Frage des maßgeblichen Erbschaftsteuerrechts. Hier gibt es leider nur wenige Doppelbesteuerungsabkommen. Die Steuerhöhe wie auch die Berechnung sind im internationalen Vergleich von Art und Höhe stark unterschiedlich.
Vom Prinzip ist hier bedeutsam, dass jeder Staat – europäisch oder außereuropäisch – sein nationales Erbschaftsteuerrecht hat. Anknüpfungspunkte sind hierbei stets die Belegenheit einer Sache aus dem Nachlass, so genannte beschränkte Steuerpflicht. Z. B. wird ein Grundstück in Spanien auch der dortigen Steuer unterworfen. Nach deutschem Erbschaftsteuerrecht besteht unbeschränkte Steuerpflicht für den gesamten Nachlass, wenn der Erblasser in den letzten 10 Jahren in Deutschland wohnhaft war. Ist das nicht der Fall, so kann der Erbe gleichwohl in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig werden, wenn er innerhalb der letzten 10 Jahre hier einen Wohnsitz hatte.
Im Ausland ist die Erbschaftsteuer oft erstaunlich hoch. So besteuert Japan die direkten Abkömmlinge mit bis zu 55%, Frankreich liegt bei 45% und die USA bei 40%. Auch Spanien, Irland und Belgien zählen zu den Hochsteuerländern.
Nur wenige Länder Europas erheben keinerlei Erbschaftsteuer. Es sind dies z.B. Österreich und Schweden, Lettland, Estland, Portugal, Rumänien, Malta, Slowakei. Die Schweiz erhebt in vielen Kantonen keine Steuer bzw. hat für Familienmitglieder sehr hohe Freibeträge.
Im Ausland gezahlte Erbschaftsteuer wird zwar auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet, gleichwohl ist Doppelbesteuerungen bei Doppelwohnsitzen durchaus denkbar, z.B. hinsichtlich der Bankguthaben! Deshalb warnen wir dringend vor solchen Doppel- oder sogar Mehrfachwohnsitzen, die im schlimmsten Fall zu einer doppelten bzw. mehrfachen Besteuerung ein und desselben Vermögens führen!
Das Ziel einer Beratung hinsichtlich internationaler Nachfolgeplanung ist es darum stets, nicht nur eine zuverlässige Durchsetzung des Willens des Erblassers, sondern auch eine günstige Besteuerung zu erreichen. Die Chancen dafür stehen meist gut, insbesondere wenn wir noch genügend Planungsspielraum haben. Sprechen Sie uns aber bitte rechtzeitig an!